In dem folgenden Gastbeitrag von Melanie Ohland teilt sie ihre persönlichen Erfahrungen mit der Vergänglichkeit des Lebens und dass machmal alles ganz anderes kommt als geplant...
Heute habe ich zufällig alte Sachen meines Papas durchgesehen, der Anfang 2003 an Krebs verstorben ist. Darunter war auch sein Kalender von 2002, in den er alle möglichen Notizen aus seinem Berufs- und Privatleben eingetragen hatte. Notizen zu Kundenbesuchen, Arbeitszeiten, Terminen, Kursen, Urlauben.
Im Mai 2002 sind die ersten Wochen noch ganz normal befüllt. Details zu Maschinen, die er gewartet und repariert hatte und von wann bis wann er jeweils gearbeitet hatte.
Dann gibt es eine Woche, in der mehrere Arzttermine eingetragen sind, daneben auch noch ein paar Arbeitsnotizen.
In der darauffolgenden Woche ist der geplante Kundenbesuch durchgestrichen und stattdessen nur „Krankenhaus Wels“ eingetragen. Danach enden seine Aufzeichnungen. Und wenige Monate später hat er den Kampf gegen den Krebs im Alter von 55 Jahren verloren.
Originalseite aus dem Kalender von 2002
„Danach enden seine Aufzeichnungen.”
Er hat seit ich mich erinnern kann, immer davon gesprochen, in seiner Pension zu reisen – auch zusammen mit meiner Mutter, denn er war sonst vor allem beruflich und allein unterwegs. Sich mehr Ruhe zu gönnen und nicht mehr so viel zu arbeiten, das war der Plan für später. Mein Papa hat in seiner Freizeit viel körperlich an unserem Haus gearbeitet, hat den 1. Stock ausgebaut und es gab wirklich immer etwas zu tun. Natürlich hat er auch sein Leben genossen, Sonntag war Familientag und das war ihm immer wichtig.
später dann...
Und doch stand dieses „später dann…“ oft als Überschrift über seinen Wünschen und Träumen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Kalender von 2002 der letzte sein würde, den er befüllt hat mit Plänen, Urlauben, Arbeit und Unternehmungen. Er war sich, wie wir wahrscheinlich alle, sicher, dass er noch viele Kalenderseiten vor sich hätte.
Diese Zuversicht brauchen wir auch, denn in ständiger Angst vor eventueller Krankheit oder dem Tod zu leben, ist weder gesund noch erfüllend.
Aber im Hinterkopf zu behalten, dass wir alle nicht wissen, wie viele Kalenderseiten wir noch haben werden, die wir mit unserem Leben füllen können – das kann unser Leben bereichern und lebendiger machen. Nicht alles lässt sich sofort erleben oder umsetzen, oft ist Geduld ein entscheidender Schlüssel für unser Glück.
Solange wir dabei nicht anfangen, unsere wirklich wichtigen Träume und Wünsche auf ein unbestimmtes „später“ zu verschieben – ein später, aus dem sonst zu oft ein „nie“ wird.
Genießen wir jeden Tag unseres Lebenskalenders, freuen wir uns auf das was noch vor uns liegt und über das, was wir schon erlebt haben. Und tun wir etwas dafür, dass wir am Ende der Seiten sagen können, dass wir sie gut genutzt haben, dass wir sie mit Freude und Liebe gefüllt haben, so gut es eben ging. Jeden Tag.
Melanie Ohland ist Lebens- und Sozialberaterin in Ausbildung und hat sich dazu entschieden ihre Kalenderseiten mit reichlich aufregenden Abenteuern zu füllen. Ab August 2022 startet Melanie eine längere Reise und teilt ihre persönlichen Erfahrungen auf ihrem Blog: https://weggehenankommen.wordpress.com/
Comments